1994 – das Bärenjahr im Berliner Bärenzwinger
1994 – das Bärenjahr
Fünf kleine Bärenkinder, ein Pärchen, die Erstgeburten von Maxi, geboren am 7. Januar 1994 und zwei Bärenjungen und ein Bärenmädchen, der fünfte Wurf von Schnute, geboren am 13. Januar 1994, kamen als echte Berliner zur Welt. Welche Sensation. Große Freude herrschte bei den Berlinern, die mit Spannung den ersten Auftritt entgegensahen. Dabei war der Bärennachwuchs keineswegs geplant. Tilo wurde durch einen medizinischen Eingriff die Möglichkeit genommen, Vater zu werden, weil der Zwinger nur für drei Bären Platz bietet und kleine Bärchen kaum noch untergebracht werden können.
Am Freitag, dem 22. April 1994, durften die Bärenmütter mit ihren Kindern das erste Mal ihren Käfig verlassen und wurden von hunderten Berlinern mit Jubel begrüßt. Tagtäglich besuchten viele Bärenfreunde den Zwinger. Reisebusse und Stadtrundfahrten hielten noch öfter dort, um den Gästen die muntere Bärenschar zu zeigen. Es war rührend anzusehen, wie liebevoll und zärtlich, aufmerksam und umsichtig Maxi und Schnute ihre Bärchen ins Leben führten. Am 20. Mai 1994 war Bärentaufe und obwohl es in Strömen regnete waren viele Berliner gekommen, die der Namensgebung durch den damaligen Bürgermeister des Bezirkes Mitte, Gerhard Keil, unbedingt beiwohnen wollten. In Anwesenheit von Presse, Funk und Fernsehen wurden die Bärenkinder von Maxi auf Bärolina und Alex und die von Schnute auf Rieke, Atze und Piefke getauft. Natürlich entstammen diese Namen wiederum den Vorschlägen der Berliner.
Unentwegt mußten die um ihre Bären rührend besorgten Pflegerinnen, Fragen der interessierten Besucher zu ihren Lieblingen beantworten. Betroffenheit und Wehmut zeichnete die Gesichter, wenn erklärt werden mußte, daß der Zwinger nur Platz für drei erwachsene Bären bietet und die kleinen nach wenigen Monaten abgegeben werden müssen. Der Bezirk Mitte und die Stadt Berlin suchten nach Lösungen, aber es gab wenig Interessenten. Kommunen in aller Welt haben wenig Geld, um neue Bären und ihren Unterhalt zu finanzieren.
Ganze Berge von Briefen und viele Bitten wurden von den Berlinern an den Berliner Regierenden Bürgermeister und den Bürgermeister von Mitte gerichtet, sich für die Bärchen einzusetzen. Die schrieben wiederum an zoologische Einrichtungen in der ganzen Welt, um die Jungbären artgerecht unterzubringen. Viele Spenden gingen ein, um der Stadt die Sicherung der Zukunft der Bärchen zu erleichtern.
Der Regierende Bürgermeister bot allen Partnerstädten Berlins die kleinen Bären als Geschenk an, aber die meisten lehnten ab. Groß war dann die Freude als bekannt wurde, daß die argentinische Hauptstadt Buenos Aires an drei Bären interessiert ist.
Natürlich hätten die Berliner ihre Bärchen am liebsten behalten. Aber solche spektakulären Schlagzeilen in der Presse, die Todesspritzen und anderes ankündigten, wenn die Bärchen nicht untergebracht werden können, hinterließen Wirkung. Deshalb wurde die Kunde, daß Buenos Aires eine artgerechte Haltung in einer neu erbauten schönen Anlage gewährleistet, mit Freude aufgenommen.
Am 17.8.1994, genau zum 55.Jahrestag der Einweihung des Bärenzwingers, war die Stunde des Abschieds gekommen. Bärolina, Rieke und Atze wurden vom Bürgermeister des Bezirkes Mitte, Gerhard Keil, öffentlich und feierlich verabschiedet.
Wieder waren viele Berliner Bärenfreunde anwesend, traurig über den Abschied, aber gleichzeitig erfreut über die Gewißheit, daß es den Bären im Zoo von Buenos Aires gut gehen wird. Am 22.8.1994 mußten sie die weite Reise nach Südamerika per Flugzeug antreten. Viele Berliner und fast alle Medien waren dabei, als es losging. Viele Tränen sind geflossen, als sie mit lautem Gebrüll in ihre Transportkisten verladen wurden. So sind nun einmal die Berliner. Das ist die echte Volksseele mit viel Herz. Die kleinen Bären überwanden die Trennung von ihren Müttern und der Berliner Kinderstube schnell. Sie wurden von einer ihrer Pflegerinnen auf ihrer Reise begleitet und hatten sie noch einige Tage zur Eingewöhnung in der neuen Anlage bei sich. Sie wurden auch mit großem Bahnhof in Buenos Aires empfangen und mit viel Liebe von den argentinischen Hauptstädtern aufgenommen. Eine Bronzetafel weist sie mit ihren Berliner Namen als Geschenk des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Eberhard Diepgen, aus.
Nun waren Alex und Piefke unterzubringen. Der Bürgermeister von Mitte hatte erneut an 178 zoologische Einrichtungen geschrieben, um sie unterzubringen und die Berliner bangten weiter. Schließlich fanden auch sie eine neue Heimat im Naturpark Cabarceno in der Nähe der Stadt Santander in Nordspanien. Am 21. November 1994 wurden sie von den Berliner Bärenfreunden verabschiedet. Wiederum konnte eine Pflegerin sie begleiten. Nach einer Eingewöhnungsphase konnten sie in der freien Natur leben, zusammen mit über 50 anderen Bären. So endete das große Bärenjahr der Berliner Wappentiere.