70. Geburtstag des B.S.V. „Berliner Bär“ e.V. in Tempelhof.
2017 wird in Tempelhof-Schöneberg gefeiert. Das Postamt in Tempelhof besteht seit 150 Jahren und der älteste Briefmarkenverein im ehemaligen US-Sektor von Berlin feiert seine Gründung am 15. August 2017. Das Fest steht unter der Schirmherrschaft der Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Frau Angelika Schöttler.
Der „Berliner Bär“ ist und bleibt das Wappentier von Berlin, er steht u.v.a. für Tatkraft und Engagement. Am 15. August 1947 trafen sich im Lokal „Werdereck“ in Tempelhof zwanzig Sammlerfreunde, um einen Verein zu gründen. Die Siegermächte über Deutschland, in der viergeteilten Hauptstadt, hatten das Sagen. So waren vielerlei Vorgaben zu beachten und die Einschränkungen im täglichen Leben waren enorm.
Es war eine schwere Zeit. Der Magen knurrte, es gab allabendliche Stromsperren und auch das Heizmaterial war knapp. Im November 1947 waren es inzwischen 41 Mitglieder und Gäste beim sechsten Tauschtag. Man passte sich den Gegebenheiten an.
1949 während der Berlin-Blockade musste für die erste öffentliche Briefmarken-Ausstellung am 6. März, anlässlich der 100. Wiederkehr der ersten deutschen Briefmarkenausgabe und zum „Tag der Briefmarke“, die Genehmigung vorher beantragt werden. Der Antrag wurde am 25. Februar 1949 beim Bezirksamt Tempelhof vorgelegt und am 28. Februar 1949 vom Chef der Polizei-Inspektion Tempelhof genehmigt.
Lassen wir Manfred Liebreich erzählen.
„Diese kleine Abhandlung sollte der Postbeginn der Berliner-Bärenmarken ab August 1945 in verschiedenen Postgebühren vorgestellt werden. Während der Aufstellung und Bearbeitung der Sendungen, veränderte sich meine Aufmerksamkeit mehr und mehr auf den Inhalt und der Aussagekraft des geschriebenen Wortes.
Die erste Möglichkeit nach Kriegsende wieder mit den in alle Winde verstreuten Angehörigen und Freunden den ersten Kontakt aufzunehmen, war einfach überwältigend. Flucht, Vertreibung, Ausgebombt, Hab und Gut verloren, aber mit dem Leben noch davon gekommen zu sein, die Überlebenden zählten zu den Glücklichen, trotz unsäglichen Leidens. Wenn man darüber berichtet, werden die eigenen Erinnerungen wieder wach und es sei mir erlaubt, einige davon zu erwähnen.
Alle Volksempfänger mussten abgegeben werden und wurden von der Sowjetischen Besatzungsmacht konfisziert. Nach Kriegsende mussten sich die Bewohner in Buckow-Ost bei der „Antifa“ wegen Lebensmittelkarten anmelden. Die „Antifa“ war in den Baracken untergebracht, die sich vor dem Neukölner Krankenhaus befanden. Ein Mann führte dort mit Willkür Regie, er lernte allen das Fürchten.
Nachdem die Amerikaner u.a. auch den Bezirk Neukölln übernahmen, änderten sich die Verhältnisse, aber besser wurde es nicht. Für die ältere Generation unter uns sind das noch heute traumatische Erlebnisse und im Geist festgebrannte Erinnerungen.
Als damaliger Schüler erinnere ich mich an die Kohleferien. Der Kohlenhändler war zu dieser Zeit eine gewichtige Person und seine Kunden wurden aufgefordert sich Ihre Brennmaterialien (Holz & Kohlen) selbst abzuholen. Wir Schüler mussten uns dabei bewähren. Wer einen Handwagen hatte, war gut dran und er war nicht nur zu dieser Zeit überlebenswichtig.
So gab es viele andere schwierige Lebenssituationen, aber der Wille zum Neuanfang war ungebrochen, auch wenn die Zukunft ungewiss war.
Das Essen war knapp und wir fuhren „Hamstern“, das war damals alltäglich.
Wer im Winter 1945 / 1946 ins Kino gehen wollte, musste Presskohle mitbringen, sonst gab es keine Eintrittskarten. So war es für zwei Stunden schön warm im Kino, was zu Hause aus Brennstoffmangel immer nur in einem Zimmer möglich war. Im Britzer Gutspark konnte man die Stubben der abgeholzten Bäume ausgraben. Es schwere körperliche Arbeit, die man nicht immer an einem Tag schaffte. Einer musste des Nachts das Holz bewachen, sonst war es am nächsten Morgen geklaut.
Ohne Strom, den gab nach dem Krieg nur zwei Stunden am Tag zu unterschiedlichen Zeiten, konnte man mit Kopfhörer und Detektor etwas von der Außenwelt erfahren. Ein Kristall, der teuerste für das Gerät, ermöglichte erst die Wellenlänge zu empfangen und das bei nur einem Sender!
Für die damalige Jugend, die nur Bombennächte, Splitter sammeln und Gehorsamkeit in der Pflichterfüllung kannten, war das Sammeln von Briefmarken aus fernen Ländern und diese ihr Eigentum nennen, ein großer Schatz.
Heute vermitteln TV und Fernreisen den Duft der großen weiten Welt. Damals haben sie mit den Fingern auf alten und abgewetzten Landkarten Reisen in Gedanken gemacht, um zu erfahren, woher die Briefmarken stammten und was sie zu erzählen hatten. Den heutigen Jugendlichen ist es vermutlich schwer begreiflich zu machen, unter welchen Bedingungen und Entbehrungen hier nach dem Kriegsende und auch noch später in unserer Vier-Sektorenstadt Berlin um Demokratie und um das Recht, in Freiheit zu leben, gekämpft werden musste. Während es in den westlichen Besatzungszonen nach der Währungsreform die Grundnahrungsmittel und andere, zum täglichen Leben notwendige Artikel bereits wieder zu kaufen gab, war der Status in den westalliierten Sektoren von Berlin durch die sowjetische Besatzungsmacht ständig in Frage gestellt…“
Insbesondere die „Berliner Blockade“ und die „Luftbrücke“ haben das Denken und Fühlen der Bewohner im Westteil der Stadt geprägt. Das schlug sich in den Briefmarkenausgaben und im Briefmarkensammeln nieder. So gab es zahlreiche Emissionen vor diesem Hintergrund, z. B. die berühmten Ausgaben mit der „Freiheitsglocke“.
Bei zahlreichen Post-Sonderstempeln sind die Symbole „Bär“, „Brandenburger Tor“ und „Luftbrücken-Denkmal“ in das Stempelbild integriert worden. Die Namensgebung symbolisierte in besonderer Weise die Verbindung zum Wappentier der deutschen Hauptstadt, dem Bären. Und es ist selbstverständlich, dass der der BSV Berliner Bär eine langjährige Verbindung zum Verein „Berliner Bärenfreunde e.V.“ pflegt.
Was wäre aus den „Bären“ ohne die vielen, namentlich hier nicht aufgeführten Mitgliedern, Gästen und Sponsoren geworden, die mit ihrem Wirken und Freude am Sammeln von Briefmarken und Belegen ebenfalls zur Erfolgsgeschichte des Vereins beigetragen haben.
Standen bei der Vereinsgründung vor fast 70 Jahren noch Begriffe wie Gemeinschaft, Pflichterfüllung und Geselligkeit im Vordergrund, wird heute meist nur noch vom Kosten-Nutzen-Verhältnis einer Vereinsmitgliedschaft gesprochen. Das trifft auch und in besonderem Maße die Philatelie. Der Bund Deutscher Philatelisten e. V. hat noch ca. 38.000 Mitglieder, von „Jungsammlern“ kann man kaum noch sprechen.
Im BSV Berliner Bär e. V. gibt es immer noch einen festen Stamm von fast 40 Mitglieder, darunter zahlreiche weibliche „Bären“, die regelmäßig zusammenkommen, um über die kleinen, gezähnten „Lieblinge“, ob postfrisch, gestempelt oder auf Belegen zu grübeln, zu forschen und zu berichten. Die Attraktivität der Tauschtreffen lebt auch von und mit stets zahlreichen Gästen, die sich immer wieder durch Vorträge und kleine Vorlagen einbringen.
Der Verein hat einen Postsonderstempel zum 70. Jubiläum veranlasst, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das Team „Erlebnis: Briefmarken“ wird wieder mit an Bord sein.
Am 18. November 2017 fand die Jubiläums Veranstaltung zum 70. Geburtstag des B.S.V. „Berliner Bär“ in Tempelhof in der Seniorenfreizeitstätte „Sorgenfrei“ mit der Ausstellung von Briefmarken, Belegen und Ansichtskarten den ganzen Tag über statt. Für Kinder gab es einen Tauschtag und Briefmarken zum Mitnehmen und von 16:00 bis 17:30 Uhr einen Empfang für Mitglieder und geladene Gäste. Herr Pütz, der 1. Vorsitzende, hatte unseren Verein im Namen des Vorstandes eingeladen, an dem Empfang teilzunehmen.
Ich habe mich sehr gefreut alle wieder zu sehen. Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Viele Grußworte wurden übermittelt, die zum Ausdruck brachten, dass der Verein mit seinen 70 Jahren noch immer mitten im Leben steht, eine bemerkenswerte Ausstellung mit Schautafeln gestaltete und ein reges Verbandsleben sein eigen nennt. Es gab viele Reden, u.a. von Dr. Klaus-Dieter Schult (Philatelisten-Verband Berlin-Brandenburg e.V.), von Frank Walter (Ehrenvorsitzender des PhVBB), Hans Ulrich Schulz (Forschungsgruppe Berlin), von dem Vereinsvorsitzenden Franz-Josef Pütz, von Frank Hindenburg und von Christa Junge ( Berliner Bärenfreunden e.V.).
Unsere beiden Vereine pflegen eine inzwischen 10 jährige Verbindung zueinander. 2007 kamen wir ins Gespräch, es ging um einen Bären und wir entschieden uns für Tilo. Ein Plakat sollte gestaltet werden „Knut ist cool, aber es gibt noch andere Bären in Stempeln!“
Auch dort war Tilo, der Berliner Bär aus dem Bärenzwinger im Köllnischen Park, vertreten. Als Tilo am 12. April 2007 starb, unterstützte uns der BSV Berliner Bär bei seiner Würdigung mit Hilfe eines der ersten Plus-Briefe, der 2008 gedruckt wurde. Eine einzigartige Geschichte.
Am 29. September 2007, anlässlich des 60. Geburtstags Ihres Vereins hatte Unser die Möglichkeit in der Seniorenfreizeitstätte „Sorgenfrei“ eine Schautafel zu gestalten. Auch zur Feier waren wir vertreten und fühlten uns wohl bei ihnen.
Am 16. Oktober 2012 wurde der 65. Ehrentag Ihres Vereins feierlich begangen. Auch wir waren dabei und gratulierten herzlich. Es gab im „Tempelhofer Hafen“ eine Briefmarkenausstellung vom 8. – 11. November 2012. Wir gestalteten eine Schautafel mit dem Berliner Bär in Tempelhof.
Auch bei Fachfragen zur Berlin Blockade in Briefmarken, Stempel und Vignetten konnte uns ihr Verein unterstützen. Es entstand im September 2015 ein sehr interessanter Artikel dazu, die Zusammenarbeit war angenehm.
Viermal im Jahr tauschen wir untereinander unsere Vereinszeitungen aus. Sie bekommen den „Berliner Bär“ und wir die „Bären Post“, beide sehen was der andere tut und manchmal sind es Schnittstellen die uns ein gemeinsames Thema näher bringt.
Auch einige Vorträge, die sich mit dem Berliner Bär befassten, wurden von uns besucht.
Heute zum 70. Jubiläum treffen wir uns wieder und wir wünschen Ihrem Verein weiterhin eine so rege und interessante Vereinsarbeit, bei der alle mitmachen und sich einbringen. Es ist eine stolze Leistung einen Verein so lange interessant für seine Mitglieder zu gestalten.
Aber es liegt an jedem selbst. Sie haben das große Glück feste Räume zu haben, uns ist das nicht gelungen. Wir treffen uns im Café Ré und es ist ein angenehmer Treffpunkt für uns.
Wir wünschen Ihnen noch viele Jahre interessanter Verbandsarbeit und wir sehen uns spätestens zum 75. Jubiläum wieder!
Unser Verein hat das Buch vom Bernd Unger „Der Berliner Bär“ als Gastgeschenk für das Archiv des BSV Berliner Bär an Herrn Franz-Josef Pütz überreicht. Danach gab es ein Glas Sekt, für mich nur Saft, und einen kleinen Imbiss für die geladenen Gäste.
Ein schöner Nachmittag ging zu Ende. Danke.
Christa Junge
Quelle – BSV Berliner Bär e.V.