Berliner Bärenfreunde e.V.

Wappentier Bad Kösens Berliner Bär

Naumburger Tageblatt  / Mitteldeutsche Zeitung

21. Oktober 2018

Bad Kösen – Es stellt sich heraus: Steinmetzarbeit spiegelt das Original eines Autobahn-Bären

VON MICHAEL HEISE

BAD KÖSEN – Wenn Anka aus dem Bad Kösener Tierpark eine Berlinerin wär’, würden ihr an dieser Stelle erneut einige Zeilen gewidmet. Doch um sie geht es diesmal nicht, vielmehr um einen Artverwandten, ein in Stein gehauenes Exemplar mit Symbolkraft: den Berliner Bären an einem Haus in der Bad Kösener Hufelandstraße 1. Warum das aus DDR-Zeiten stammende Relief plötzlich so interessant ist?

Der Verein der Berliner Bärenfreunde, der sich Geschichte und Gegenwart des Hauptstadt-Wappentieres verschrieben hat, ist durch den Naumburger Helmut Schneider auf den Berliner Bär in Bad Kösen aufmerksam gemacht worden.

Warum solch’ Wandschmuck

Bei Vereinsvorsitzender Christa Junge stieß seine Mitteilung auf großes Interesse: „Als ich das Foto des Bären sah, wusste ich es sofort. Es ist eindeutig ein Berliner Bär, er trägt die Krone – die Stadtmauer – und geht nach links. Entfernt erinnert mich der Bär an die Autobahnbären am Berliner Ring.“

Weltweit Bärenskulpturen, Brunnen, Reliefs und Logos aufzuspüren, zu katalogisieren und zu archivieren, seien wichtige Aufgaben des Vereins. Jeder Bär weltweit in Bezug zu Berlin gehöre dazu. Auch der in Bad Kösen. „Doch bleibt für uns die Frage bislang unbeantwortet, wieso sich Berlins Wappentier gerade an einem Haus in Bad Kösen wiederfindet, sich der Besitzer für den ganz speziellen Wandschmuck entschieden hat“, so die Vereinsvorsitzende.

Helmut Schneider, der ein „Archiv für Autobahn- und Straßengeschichte“ pflegt und sich für den Verein in die Spur machte, um den einstigen Besitzer des Hauses, Ekkehard Seyfarth – in der Region auch als Millionen- Seyfarth bekannt -, ausfindig zu machen, verliefen allerdings im Sande. „Wir kommen mit der Recherche leider nicht weiter“, schreibt Christa Junge an das Naumburger Tageblatt/MZ und bittet um Hilfe. Ein Aufruf findet sich auch auf der vereinseigenen Internetseite wieder.

Foto © Helmut Schneider, Naumburg

Verbundenheit zu Berlin

Doch es gibt Informationen. Tageblatt/ MZ gelang es, Ekkehard Seyfarths Sohn Michael Zahn zu kontaktieren, der in den 1970er-Jahren, als das Haus gebaut wurde, als Kind immer mit auf die Baustelle musste. „Wir wohnten damals in Naumburg, und ich hatte in Bad Kösen immer zu helfen“, erzählt Zahn. Und wieso ein Berliner Bär an der Hauswand? Zahn weiß es so: „Mein Vater arbeitete viele Jahre als Elektriker beim Fernsehfunk der DDR, zudem hatte seine Mutter bis zu ihrem Tode in Berlin gelebt. Daher resultierte eine starke Verbundenheit zur Stadt, die sich beim Bau des Hauses eben in diesem Relief niederschlug.“

Und: Vorbild für dieses war tatsächlich einer der Bären am Berliner Ring, genauer jener am Autobahndreieck Potsdam der A9. „Die Darstellung in Bad Kösen ist in Originalgröße. Mein Vater hat selbst die Maße an der Autobahn abgenommen“, erinnert sich Zahn, der heute in Berlin lebt. Das Relief sei aus drei Teilen an der Wand angebracht und dann entsprechend ringsherum verkleidet worden. Zum Steinmetz konnte Zahn keine Angaben machen. Der Original-Bär jedenfalls stammt aus der Mitte der 1930er-Jahre, als die Brücke errichtet worden war.

Und ihn gibt es heute noch, nicht nur als Kopie in Bad Kösen, sondern als Original. Helmut Schneider: „Das Relief ist im Zuge des Ausbaus des Berliner Ringes und der Autobahn 9 vor der neuen Brücke separat aufgestellt worden.“ Technisch sei das kein großes Problem gewesen, denn die Kalksteinplatten waren lediglich Verkleidung und konnten leicht geborgen werden.

Über 120 „Meilensteine“

Nichts zu tun hat der eine wie der andere Bär im Übrigen mit der heutigen Fischhausbrücke in Schulpforte, die ja auch von der Autobahn 9 stammt. Diese aber war eine Fußgängerbrücke am bekannten Interzonen-Rastplatz Michendorf. 1998 ist sie nach ihrem Abriss an der A9 in Schulpforte aufgestellt worden.

Der Bad Kösener Berliner Bär jedenfalls ergänzt nun die umfangreichen Recherchen des Vereins Berliner Bärenfreunde, der über 120 solcher „Berliner Meilensteine“ bereits detailliert erkunden konnte, insgesamt 250 sind ihm bekannt. Christa Junge freut sich: „Das ist ein schönes Ergebnis, das wieder ein Stück Geschichte um den Berliner Bären erhellt.“

 

Wir danken Herrn Michael Heise vom Naumburger Tageblatt für seine freundliche Unterstützung und die Freigabe des Artikels, so konnten fast alle offenen Fragen zu dem Berliner Bär in Bad Kösen beantwortet werden.

Eine noch offene Frage, welcher Steinmetz den Berliner Bären gestaltet hat, konnte Ekkehard Seyfarth nachträglich Herrn Michael Heise beantworten. Den Berliner Bären hat ein – inzwischen verstorbener – Steinmetz Werner Cebulla aus Freyburg/Unstrut ausgeführt.

Es können aber noch andere Gemeinden und Städte einen Berliner Bären oder einen Berliner Meilenstein haben, die uns nicht bekannt sind. Vielleicht sind Ihnen noch andere Berliner Bären oder BM bekannt, wir freuen uns über jeden Hinweis.

Christa Junge, Vorsitzende