Berliner Bär in Ihme-Roloven Stadt Ronnenberg/Niedersachsen
Berliner Bär in Ihme-Roloven, neue Informationen
Am 6.10.2021 erhielten wir folgende Anfrage von Frau Wiesen.
In unseren schönen Ort befindet sich auf einem Sockel, ein aus Metall gefertigter Berliner Bär. Wir wissen das er zwischen 1967 und 1968 aufgestellt wurde. Initiator war seinerzeit ein Mitbürger des Ortes, der leider zwischenzeitlich verstorben ist und Aufzeichnungen sind nicht auffindbar, selbst in unserem Stadtarchiv sind widersprüchliche Angaben. Wir wissen das eine Beziehung zu einem Sportverein in Berlin-Buckow bestanden haben soll und in meinem Besitz sind einige Fotos von der damaligen Aufstellung, die von Berliner Polizeibeamten begleitet wurde. Ich bin jetzt aus der Dorfgemeinschaft gebeten worden mich mit der Geschichte des Berliner Bären zu beschäftigen. Wir wollen den Sockel reinigen lassen und anschließend soll eine Informationstafel aufgestellt werden.
Ich hatte bereits vor einiger Zeit die Stadt Berlin kontaktiert, leider kam keine Antwort. Jetzt versuche ich es noch einmal über den Verein in der Hoffnung das Sie mir/uns sagen können, ob es detaillierte Informationen in Berliner Archiven oder Sie uns mit Informationen weiterhelfen können.
Das war und ist eine interessante Anfrage für unseren Verein.
Als erstes konnten wir klären, von wem der Bär gefertigt wurde. Ich wusste sofort, als ich den Berliner Bären sah, dass in Berlin im Innenhof des Wilmersdorfer Rathauses ein gleichartiger Bär steht.
So konnten wir auch bestätigen, dass er der Bronzenachguss einer Skulptur von Hildebert Kliem (1927 -1986) ist.
Es gibt noch andere gleichartige Bären, darüber später mehr.
Eine Frage war noch zu klären, wie groß waren die Buchstaben bei der Übergabe des Bären an Ihme-Roloven?
Der Schriftzug „Berlin 312 km“ war aus einzelnen Metallbuchstaben zusammengesetzt. Die Platte ist erst später angebracht worden. Die Buchstaben sind verschwunden.
Der Berliner Bär entstand in der Berliner Bildgießerei Kraas, die 2010 aufgelöst wurde. Der Blick auf die Skulptur von Frau Wiesen bestätigte unsere Annahme, ebenfalls der Gießerstempel und die Signatur des Künstlers.
Bei der Recherche kamen neue Informationen zu Tage. Die Bildgießerei Kraas, die es seit 1883 in Berlin gab, hatte mit rund 1.500 Modellen die wohl größte Sammlung figürlicher Bronzen in Deutschland. Der traditionsreiche Handwerksbetrieb arbeitete schon seit den 50iger Jahren auch für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Wir haben Kontakt zu der ehemaligen Bildgießerei Kraas über ein Auktionshaus aufgenommen.
Leider konnte uns nur bestätigt werden, dass 10 Jahre nach Schließung alles weggeworfen wurde. Was für ein Verlust für die Stadt Berlin! Für uns völlig unverständlich, weil gerade die Arbeiten der Bildgiesserei viel mit dem Denkmalschutz zu tun hatten. Wer hat da nicht aufgepasst?
So konnten wir für Ihme-Roloven nicht mehr die Größe der Buchstaben ermitteln. Die Granitplatte ist eine gute Lösung des Problems. Dabei stellte sich auch heraus, dass ein Duplikat des Berliner Bär in Ihme-Roloven und zeitgleich in Reykjavik aufgestellt wurde, auch dazu gibt es später einen extra Beitrag.
Wir suchten in Berlin einen Sportverein der mit Ihme-Roloven Stadt Ronnenberg in Kontakt stand. Wir haben im Bezirksamt Berlin-Neukölln nachgefragt und es gab eine Recherche innerhalb des Rathauses, der leider zu keinem Ergebnis geführt hat – Verwaltung des Bezirksbürgermeisters. Auch in welchem Verhältnis die vier Polizisten zu Ihme-Roloven standen, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht herausfinden. Wir fragten bei der Pressestelle der Berliner Polizei nach, aber dort konnte man uns nicht weiterhelfen. Zu der Zeit war noch nicht bekannt, dass es der West-Berliner Sportverein Concordia in Alt-Rudow war, den wir suchten.
„Es war der West-Berliner Sportverein Concordia in Alt-Rudow, der seit 1968 mit Ihme-Roloven Stadt Ronnenberg freundschaftlich verbunden war. Berlin vergab in diesen Jahren das Wahrzeichen der Stadt, einen Berliner Meilenstein mit einen Berliner Bären und der Inschrift BERLIN und der KM Angabe, um auf die Situation der Menschen in der geteilten Stadt Berlin aufmerksam zu machen. Der Vorsitzende des SV Ihme-Roloven,
Günther Rothermel bemühte sich um einen Berliner Bären für unseren Ort.“
Das Schreiben des Bildhauers Hildebert Kliem an den Sportverein Ihme-Roloven vom 14.01.1967 betrifft Aufstellung eines Berliner Bären; Die Aufstellung eines Berliner Bären auf dem Platz an der Weggabelung Hauptstraße / Hidderstorferstraße wurde am 6.02.1967 einstimmig beschlossen.“
Für uns ist es noch wichtig, was viele Städte und Gemeinden in Westdeutschland machten, sie spendeten Freiplätze in den Ferien für Westberliner Kinder in der Zeit der geteilten Stadt Berlin. „Das Schreiben des Landkreises Hannover vom 16.09.1966 betr. Freiplatzspende für Westberliner Kinder 1967.“
Quelle Stadtarchiv Ronnenberg, Niederschriften über die Ratssitzungen Ihme-Roloven 1955-1968
Frau Wiesen ist bereits seit Ihrer Geburt mit dem Bären aufgewachsen ist, er liegt Ihr natürlich besonders am Herzen. Als Kind ist sie auf ihn herumgeklettert. So entstand ein unzertrennliches Band. Bei Ihrer jetzigen Recherche kommen immer interessantere Informationen ans Licht. Aber auch wir als Verein waren nicht untätig, leider hatten wir nicht immer den gewünschten Erfolg.
„Aber es gibt gute Neuigkeiten, der Bär steht seit dem 10.12.1994 unter Denkmalschutz. Er trägt die Objekt ID 31176907 und Objekt-Nr. 47.
Die etwa 85 cm hohe Bronzeskulptur eines schreitenden Berliner Bären in leicht stilisierter Formen auf rechteckiger Plinthe, er hält den Kopf leicht seitlich nach links gedreht. Die Plinthe ist einmal am Rand und einmal auf der Oberseite mit dem Schriftzug „Kliem“ signiert. Die Bronze steht inmitten einer von Bäumen gesäumten Grünfläche auf einem ca. 1,50 m hohem Waschbetonsockel mit straßenseitig angebrachter Granitplatte, darin vertieft die Inschrift „Berlin / 312 KM“. Sie wurde offenbar später als Ersatz für verloren gegangene Bronzebuchstaben angefertigt, noch zu erkennen auf den alten privaten Fotos.“
Quelle BM Denkmalatlas und Objektportal des Niedersächsischen Landes
„Im Protokollbuch Seite 264 wird in der Niederschrift der öffentlichen Sitzung des Rates der Gemeinde Ihme-Roloven vom 6.2.1967 folgendes vermerkt. Zu der Tagesordnung zu Punkt 3 Bekanntgabe von Eingängen – ist folgendes zu lesen.
Aufgestellt wurde der Bär am 24. Juni 1967 nur fünf Monate nach dem Ratsbeschluss, aus Anlass des 17. Juni 1953, dem Arbeiteraufstand in der DDR.
Viel Prominenz, darunter Vertreter aus Sport und Politik, dazu vier West-Berliner Polizeibeamte. „Die Polizisten hielten eine Ehrenwache.
Die Beamten waren mit dem Flugzeug angereist, da eine Fahrt mit den Uniformen über die Transit-Autobahn verboten war“.
Quelle: Stadtarchiv Ronnenberg
Vor der Aufstellung konnten sich Kinder mit dem Bären anfreunden, solange er noch neben dem Sockel stand. Er erhielt noch nach Absprache mit Günter Rothermel und Mauermeister Mehnert die Inschrift BERLIN 312 KM aus Metallbuchstaben.
Der Vorsitzende des SC Ihme-Roloven Günter Rothermel begrüßte zu Beginn des Festaktes viele Ehrengäste.
Der Berliner Bär wurde durch Senatsdirektor Dr. Gaede der Öffentlichkeit übergeben. Vier Berliner Polizisten umsäumten ihn dabei.
Oberregierungsrat Kampf wertete die Feierstunde als besonders Zeichen der engen Verbundenheit zwischen Bundesbürgern und Berlin. Landrat Günter Kiehm unterstrich, dass es freundschaftliche Beziehungen zwischen Sportlern aus dem Landkreis Hannover und Freunden in Berlin gäbe. Acht Vereine aus dem Kreisgebiet pflegen engen freundschaftlichen Kontakt zu Berlinern.
Senatsdirektor Dr. Gaede sprach über die besondere Situation der geteilten Stadt. Alle Anstrengungen müssten unternommen werden, um die menschlichen Kontakte aufrecht zu erhalten. Der Senat und die Bevölkerung Berlins freuten sich über die engen sportlichen Bindungen die zwischen dem SV Ihme-Roloven und dem Sportverein Concordia Buckow (Berlin) seit drei Jahren bestehen. Der Berliner Bär in Ihme-Roloven solle Ausdruck dieser Freundschaft sein.
Auch außerhalb der Feierstunde stand Ihme-Roloven am Wochenende ganz im Zeichen der Freundschaft zu Berlin. In Freundschaftsspielen zwischen Concordia Buckow und Ihme-Roloven wurden die sportlichen Kräfte gemessen. Darüber hinaus wurden im Zeltfest manche Freundschaften geschlossen. Die Gastfreundschaft wurde großgeschrieben. Achtzig Berliner waren in Privatquartieren in Ihme-Roloven untergebracht.
Der Berliner Bär wurde vom Sportverein Concordia in Berlin-Buckow aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des SV Ihme-Roloven übergeben. Außerdem war es gleichzeitig ein Symbol für den Zusammenhalt Westdeutschlands mit dem geteilten Berlin.
Alles in allem hat der Sportverein Ihme-Roloven hat sich große Mühe gegeben, sein 20jähriges Bestehen würdig und festlich zu begehen. Das ist in vollem Umfang gelungen.
Was sagte doch ein Berliner: „Ihme-Roloven war eine Reise wert“.
Gleichzeitig erhielt der Platz auf dem jetzt der Berliner Bär steht den Namen Berliner Platz.
Quelle Archiv Ihme-Roloven
Es sollte einfach so sein, dass Frau Wiesen alles in die Hand genommen hat, viele Sie dabei unterstützten und sich jetzt darüber freuen, dass es Stück für Stück weitergeht. Der Berliner Bär freut sich, dass er schon jetzt im Fokus des Interesses liegt.
Nachdem ein Artikel Hannoversche Allgemeine, OT Ronneburg am 2.2.2022 zu dem Berliner Bären erschienen ist, nehmen ihn immer mehr Leute wahr. Frau Wiesen wird oft auf den Bären angesprochen.
Wir finden die Idee gut, eine Infotafel aufzustellen, leider wissen heute nicht mehr viele Menschen etwas über die schwere Zeit und wir finden es wichtig etwas über die Geschichte vor der eigenen Haustür zu wissen. Unsere Eltern und Großeltern haben Sie erlebt und durchlebt.
„Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“ Zitat von August Bebel.
Ihme-Roloven plant für 2022 das Aufstellen einer Infotafel, sowie die Herrichtung der Grünanlage. Für die restauratorische Reinigung des Waschbetonsockels zu den denkmalrechtlichen Vorgaben ist Herr Fleckenstein in der Gemeinde für die Untere Denkmalschutzbehörde zuständig.
Ein entsprechender Antrag wird kurzfristig und in Absprache mit der stärksten Fraktion in den Rat der Stadt Ronnenberg eingebracht. Dass die Grünanlage wiederhergerichtet werden soll, zeigt das alles zusammen der Dorfgemeinschaft wichtig ist. Das freut uns sehr.
Es ist schön zu erfahren, dass Firmen und Bürger sich einbringen werden. Alle warten auf den Frühling. Dank der vielen Helfer wird die Grünanlage wieder ein Schmuckstück. Die gesamte Grünfläche mit dem Berliner Bären bildet städtebaulich eine Einheit, sie ist straßenbildprägend und sollte unverändert bleiben.
Frau Wiesen fragte viele Freunde und viele Bekannte, ob sie noch Artikel oder Fotos von dem Berliner Bären haben, vielleicht in alten Familienalben? Nur ihr Nachbar hatte noch einen Karton mit Zeitungsartikeln, beim Durchsehen waren leider keinen neuen Informationen zu finden. Aber vielleicht hat noch jemand in Ihme-Roloven Fotos oder ältere Artikel zu dem Berliner Bären? Sie sind willkommen.
Wir danken Frau Wiesen und Herrn Biester (Stadtarchiv Ronneberg)
Christa Junge