Berliner Bärenfreunde e.V.

Kunstpräsentation „Roaming Winters“
von Stephanie Imbeau und Sujatro Ghosh
im „Berliner Bärenzwinger“

Berliner Bärenzwinger „Roaming Winters“ 2.12.2022

Wieder durch Hinweis bzw. Inspiration von Christa Junge begab ich mich am 02.12.2022 zum Bärenzwinger, mit dem auch mich einige Erinnerungen verbinden. Als ich gegen 16:45 Uhr dort eintraf war es schon fast finster und kalt – eben winterlich. Mein Warten wurde von einem unüberhörbaren Krähenkonzert begleitet, die zahlreich von Baum zu Baum flogen.
Als Frau Junge eintraf, betraten wir den Ausstellungsraum, wo schon einige Besucher waren, v.a. junge Leute – die mit dem Bezirksamt zusammenarbeitenden Kuratorinnen, sowie natürlich die Künstler*innen im Gespräch waren.

Wir wurden freundlich begrüßt und eingeladen, uns umzuschauen, zu verstehen bzw. zu interpretieren. Dabei kam es neben der regen Tätigkeit des Fotografen zu Gesprächen und zum Gedankenaustausch, wobei die Künstler*innen auch über Sprachbarrieren (englisch als international verbindende Sprache) hinweg sehr offen waren.
Frau Junge betonte das Interesse des Vereins, an allem was mit dem Bärenzwinger – dem historischen Ort und heute Ort der Kunst – zu tun hat.

Die jeweiligen Kunstinstallationen sprechen nicht nur für sich, wie in Museen üblich, sondern sollen anregen, sich über brennende Themen der Gegenwart auszutauschen (etwa wie man sein Leben in Zukunft besser ausrichtet, um die Natur und alle Ressourcen zu schonen, menschlicher und solidarischer miteinander umgeht, Zuflucht gibt oder auch erhält und trotz des kalten Winters weder wörtlich, noch im übertragenen Sinn erfriert …).

Diesem Anliegen wollen in dieser speziellen Präsentation die Künstlerin Stephanie Imbeau * und der Künstler Sujatro Ghosh ** durch das von ihnen Gezeigte sowie durch Veranstaltungen und Vorträge gemeinsam gerecht werden. Ihre unterschiedlichen Objekte und Sichtweisen haben zugleich etwas Verbindendes.

Es ergeben sich daraus Fragen und Denkanstöße wie etwa:
Kann der Bärenzwinger im Winter zur Zuflucht werden, Schutz vor Kälte bieten und die Sehnsucht nach Zusammenkunft stillen?
Interessant ist zu sehen, wie unterschiedlichen Stoffe zu Zelten entstehen die Schutz bieten können und im Bärenzwinger an der Decke befestigt sind.
Die ausgewählten künstlerischen Vorschläge von Stephanie Imbeau führen zu einer Annäherung, sie reagiert auf die Abwesenheit und einen Mangel von Wärme, real empfindend in mentalen und physischen Räumen. Ihre Arbeiten symbolisieren, wie Menschen nach einem Ort der Zugehörigkeit suchen. Sie verwendet dabei Darstellungen von unterschiedlichen Häusern, was erholsam als auch vergänglich von den Menschen empfunden wird.

In den einzelnen geöffneten Käfigen im Bärenzwinger befinden sich Behälter mit lang haltenden Lebensmittel, man kann sie nach Hause mitnehmen und andere, die man nicht benötigt wieder in den Behälter legen und im Bärenzwinger abgeben.

Sujatro Ghosh ist ein multidisziplinärer Künstler und Aktivist aus Kalkutta, der derzeit in Berlin lebt.
Der Akt des Wiederfindens von dehydrierten, fermentierten und eingelegten Lebensmitteln ist nicht nur eine praktische Überbrückung des Winterschlafs von Pflanzen und Tieren, sondern wird auch zu einem Akt der Verkörperung von Erinnerungen. Wer erinnert sich nicht, dass die Mutter und Oma Obst eingeweckt haben? Kartoffeln wurden eingelagert, Äpfel auch, Mohrrüben wurden in Sandkisten eingelagert, Sauerkraut und Gurken haltbar gemacht. Hagebutten, Holunder, Pfefferminze wurde getrocknet und daraus Tee gemacht. Das sind einige unserer Erinnerungen daran.
Sujatro Ghosh wird über Formen des Konservierens, die sozialen und politischen Aspekte von Essen sowie des Zusammenkommens über und durch Nahrung sprechen.

Mangel und Begehren, zwei Aspekte, die in den Arbeiten der beiden Künstler*innen eine große Rolle spielen, die den offensichtlichsten Dingen unseres Alltags zu Grunde liegen und denen wir gemeinsam im Rahmen von Roaming Winters nachspüren wollen.

Roaming Winters ist die letzte von vier prozesshaften Ausstellungen im Rahmen des Programms EPHEMERIS im Bärenzwinger.

„Ephemeris“ kann als eine Art Tagebuch verstanden werden, in dem die Konstellation von Planeten, Sternen und Körpern festgehalten wird.
„Ephḗmeros“ bedeutet im Altgriechischen wörtlich „für einen Tag“.

Noch bis zum 26. 02.2023 steht die Tür des Bärenzwingers zu dieser Performance offen – der Einblick lohnt sich!

Monika Schmidt
Christa Junge

Stephanie Imbeaus * großflächige Installationen wurden schon weltweit inszeniert. Sie untersucht, wie Menschen nach Gemeinschaft, Sicherheit und Orten der Zugehörigkeit suchen. Sie verwendet Darstellungen von monumentalen und fragilen Häusern und erforscht deren Charakter, der sowohl erholsam als auch vergänglich sein kann. Sie lädt uns ein, unsere Gewissheiten abzulegen und diese vielschichtigen Räume neu zu betrachten.

Sujatro Ghosh ** ist ein multidisziplinärer Künstler und Aktivist aus Kalkutta, der derzeit in Berlin lebt. Seine Praxis versucht, ein Gespräch über soziales Handeln und politischen Protest zu initiieren. Der Winter ist oft eine Zeit des Rückzugs, aber auch der Reaktivierung des „Bewahrten“. Im Rahmen seiner Residenz untersucht er die Formen des Konservierens, die sozialen und politischen Aspekte von Essen und reflektiert das Zusammenkommen durch Nahrung.

Quelle
Pressemitteilung des Bezirksamtes Mitte vom 01.12 2022