Berliner Bärenfreunde e.V.

Tierische Erinnerung an die geteilte Stadt

Aus: RHEINPFALZ NR.20 (Ludwigshafen), vom Freitag 24.Januar 2014

Am Berliner Platz steht ein Meilenstein mit dem Berliner Bär – Verein in der Hauptstadt spürt auf der ganzen Welt Skulpturen auf

VON ANETTE KONRAD

Es könnte eine Frage für das große Ludwigshafen-Quiz der RHEINPFALZ sein: Wo steht der Berliner Meilenstein mit dem Berliner Bär? Und vor allem: Wo befand sich sein ursprünglicher Standort? Angestoßen hat diese Frage der Verein der Berliner Bärenfreunde. Er versucht, überall in Deutschland die seit dem Mauerfall in Vergessenheit geratenen Gedenksteine und Bärenskulpturen aufzuspüren und unter Denkmalschutz setzen zu lassen.

Doch bevor es soweit ist, müssen die zwischen dem Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 und dem Fall der Mauer 1989 überall in Deutschland gesetzten Berliner Meilensteine mit einer Bärendarstellung und der Entfernungsangabe nach Berlin in Kilometern erst einmal gefunden werden. In manchen Städten existieren sie nicht mehr, wurden versetzt oder sind nicht im Bewusstsein der Menschen. Seit 2008 sind die Berliner Bärenfreunde auf der ganzen Welt auf Spurensuche und konnten schon 200 Standorte ausfindig machen. „Es ist so wichtig, die Berliner Meilensteine und Berliner Bären nicht dem Vergessen zu überlassen. Sie sind lebendige Geschichte vor unserer Tür“, sagt Christa Junge von dem Berliner Verein.

In Ludwigshafen wurde der Verein fündig. Hier steht der Stein „um den ersten Teil des Rätsels zu lösen“ im Platanenhain auf dem Berliner Platz. Ein bisschen erinnert der kleine Bär auf dem Stein an den Berliner Eisbären Knut, wie er da so auf den Hintern in die Höhe gestreckt.

Das Motiv stammt von der Berliner Künstlerin und Tierplastikerin Reneé Sintenis (1888 bis 1965), die auch den „Goldenen Bären“ der Berlinale geschaffen hat. „Der gleiche Bärenstein steht auch auf Sylt“, sagt Petra Schlien von der Stadtplanung, die der Geschichte des Ludwigshafener Steins nachgespürt hat. „Seitdem sehe ich überall Bären“, sagt sie und lacht. Sie entdeckte, so sensibilisiert, einen weiteren in Vergessenheit geratenen Berlin-Gedenkstein in Frankenthal. Der steht im Norden der Stadt an der Zufahrt zur A 6 neben der Leitplanke. Dort ziert ein grimmig dreinblickender Berliner Wappenbär den Stein. „Es gibt ganz unterschiedliche Motive und auch Steine“, weiß Christa Junge.

Aber genau wie sein Ludwigshafener Kollege geht auch der Frankenthaler Berlin-Bär nach links. Das macht er immer, „denn sonst ist es kein echter Berliner Bär“, sagt die Berliner Bärenfreundin. Der knapp 1,50 Meter hohe Ludwigshafener Berlinstein steht erst „seit 1991 im Platanenhain“ seit der damaligen Umgestaltung des Berliner Platzes. Als er 1965 gesetzt wurde, sollte er dort bereits seinen Platz finden: thematisch passend zum Berliner Platz und nahe der Berliner Straße, die beide 1960 ihren Namen erhalten hatten. Die Benennung sollte ebenso wie der Meilenstein die Verbundenheit der Kommune mit der geteilten Stadt ausdrücken. So ist es auch auf der Rückseite des Steins unterhalb des Stadtwappens zu lesen: „Das Wappentier auf diesem Meilenstein verbindet die Hauptstadt an der Spree mit Ludwigshafen am Rhein.“ Da der Berliner Platz seinerzeit noch nicht fertig war, wurde der Meilenstein am 27. August 1965 am Autobahnzubringer in Edigheim eingeweiht.

Oberbürgermeister Werner Ludwig, der an diesem Tag seinen 39.Geburtstag feierte, enthüllte den Stein „bei leichtem, aber hartnäckigem Nieselregen“, wie die RHEINPFALZ festhielt. Die gerade in Ludwigshafen zu Besuch weilende Kapelle der Berliner Verkehrsgesellschaft spielte dazu „Denkste denn, du Berliner Pflanze“ und „Das ist die Berliner Luft“. Warum man sich aber anstelle des Berliner Platzes ausgerechnet für den Standort in Edigheim, „diesem etwas abgelegenen Ort“, so die RHEINPFALZ, entschieden hatte, ist dem Artikel nicht zu entnehmen. Die Initiative zu dem Solidaritäts- und Erinnerungszeichen geht auf den Hamburger Verleger Gerd Bucerius zurück, der damals Berlin-Beauftragter der Bundesregierung war. Was die Kommunen schon damals gefreut haben dürfte: Den Stein erhielten sie kostenlos, finanziert aus Bundesmitteln. Nur für das Setzen mussten sie aufkommen. Der aus Beton gefertigte Ludwigshafener Bärenstein wurde seit 1965 nicht erneuert. Vermutlich wird er noch im Laufe dieses Jahres als sogenanntes Kleindenkmal unter Denkmalschutz gestellt werden.

Mit freundlicher Genehmigung von ANETTE KONRAD und der RHEINPFALZ