Berliner Bärenfreunde e.V.

60 Jahre Berliner Mauer, Heico Last

Initiative Denkmalschutz für Berliner Meilensteine
c/o Michael Damm Egenolffstraße 13
60316 Frankfurt/Main
Tel 0171 9966071

Betr. Berliner Mauer, Heico Last

BdBFB, BdB Frankfurt

Heico Last – Erinnerung an einen europäischen Kämpfer für Berlin

Der 13. August 2021 weckt – sechzig Jahre nach Beginn des Baus der Berliner Mauer – nicht nur Erinnerungen an die Abriegelung West-Berlins, sondern besonders auch an die Aktivitäten, die fast vierzig Jahre später den damals unvorstellbaren, friedlichen und gewaltfreien Fall der Mauer herbeigeführt haben.
Besondere Bedeutung für den „Mauerfall“ am 9. November 1989, der symbolisch für die Wiedervereinigung Deutschlands verstanden wird, hatte die Arbeit des Verbands BdBFB (Bund der Berliner und Freunde Berlins), die vor fast genau 70 Jahren begann.

Der Bund der Berliner und Freunde Berlins (BdBFB) wurde am 20. Juli 1951 von Berlinern in Westdeutschland (Bad Wörishofen) als BdB gegründet. Gründungsmitglieder und Zielgruppe des Vereins waren ehemalige Berliner, die nach dem Krieg ihre zerstörte Stadt verlassen mussten und sich in Westdeutschland niederließen. Ziel des Vereins war, nach der Blockade und der Rettung Berlins 1948/49 durch die Luftbrücke der West-Alliierten den Kontakt und die Erinnerung an Berlin im Westen wach zu halten.

Der Vereinsname „Bund der Berliner“ wurde auf Anregung von Willy Brandt 1958 mit dem Zusatz „und Freunde Berlins“ ergänzt und nannte sich seither BdBFB.
Das Ziel einer Wiedervereinigung Deutschlands war 1951 noch in unerreichbarer Ferne und jahrzehntelang unvorstellbar. Bis in die 90er Jahre hinein gehörten Benennungen hunderter von Straßen, Brücken und Plätzen, die Aufstellung von Berliner Litfaßsäulen, Parkbänken und von über 300 Berliner Kilometersteinen in den Städten und auf den Autobahnen Westdeutschlands zu den besonders plakativen und bis heute sichtbaren Aktivitäten des BdBFB. Auf diese Weise belebte und förderte der BdBFB mit Berliner Unterhaltungs-, Informations- und Werbeveranstaltungen, mit Vereinsgründungen in über 150 Städten in Westdeutschland, mit unzähligen kulturellen, sportlichen, symbolischen und humanitären Aktionen den Kontakt von Westdeutschland nach Berlin und den deutsch-deutschen Dialog.

Die für Beweggründe für den BdBFB, die Aktivitäten für Berlin zu intensivieren, waren nach der Blockade 1948/49

  • die Abriegelung durch die „Zonengrenze“ zwischen BRD und DDR mit Todesstreifen und Stacheldraht,
  • der Volksaufstand am 17. Juni 1953,
  • schikanöse und Furcht einflößende Kontrollen an den Grenzübergangsstellen von und nach Berlin,
  • die inhumane Bespitzelung, Behandlung und Verfolgung von Regime-Kritikern und „Dissidenten“ durch die DDR-Behörden, aber auch weltpolitische, den Inselstatus Berlins bedrohende Ereignisse wie Chruschtschows Berlin-Ultimatum 1958,
  • und nicht zuletzt der Bau der Berliner Mauer 1961.

Ließ das Interesse an der geteilten Stadt wegen politischer Entspannung nach wie zum Beispiel nach dem Berlin-Abkommen und der anschließenden freieren Besuchsregelung zwischen West- und Ost-Berlin im Jahre 1971 – schon entwickelte der BdBFB neue Programme zur Belebung der Beziehungen mit Berlin. Unermüdlich und mit immer neuen
Ideen verschaffte sich der Bundesverband des BdBFB Gehör für die geteilte Stadt im sowjetischen Sektor. Zahlreiche Aktionen des Dachverbands und der Kreisverbände sorgten in der Öffentlichkeit Westdeutschlands für Aufmerksamkeit. In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium zur Förderung der Berliner Wirtschaft und der Berliner Absatz-Organisation wurden Berlin-Tage, Vorträge und Vorführungen von Berlin-Filmen veranstaltet, stets mit großer Unterstützung des Presse- und Informationsamts des Senats von Berlin.
Berliner Litfaßsäulen, Sitzgruppen und Berliner Meilensteine wurden an vielen Stellen im damaligen Bundesgebiet errichtet. Auch nach der Wende, die sich nach dem überraschenden, auch vom BdBFB begeistert gefeierten Mauerfall langsam vollzog und zum heiß umstrittenen Umzug der Regierung von Bonn nach Berlin führte, ebbten die Aktivitäten des BdBFB noch nicht ab. Erst 1998, als die „Umzugskarawane“ vom Rhein an die Havel unterwegs war – mit Rat und Tat unterstützt durch den überparteilichen „Bund“, beschloss der Bundesverband die Auflösung des BdBFB.

Auch die am 1.4.1957 Frankfurt gegründete Stiftung HILFSWERK BERLIN (Anlage Hilfswerk Berlin Stiftungsurkunde 1957.tiff), für die der BdBFB mit dem hiesigen und seinen weiteren über 150 Kreisverbänden in der BRD karitativ für Kinder und Bedürftige aus Berlin tätig war und bis 1989 eine große Menge von Geld- und Sachspenden sammelte, hatte sich mit der Wiedervereinigung der Vereinszweck erfüllt, und so wurde er wie die Stiftung aufgelöst.

Heico Last – Mister Berlin

Bis zuletzt war der Kampf um ein freies Berlin in einem wiedervereinigten Deutschland eng mit einem Namen verbunden: Heinz-Constantin „Heico“ Last (* 18.1.1926 † 22.7.2019)

Heico Last wurde am 18. Januar 1926 in Berlin Neukölln geboren und so zog sich wie ein roter Faden durch seine Lebensgeschichte, Berliner zu sein, Berlin zu lieben und diese Liebe an andere weiterzugeben, mit ihnen zu teilen und zu zelebrieren.
Nach Notabitur 1939, Kriegseinsatz ab 1941 an der russischen Front und anschließender sowjetischer Kriegsgefangenschaft konnte er 1949 als „Spätheimkehrer“ nicht nach Berlin zurückkehren – seine Familie war nach Aachen evakuiert worden und teilte mit vielen anderen Exil-Berlinern die Aufgabe, sich fern von der Heimatstadt in Westdeutschland eine neue Existenz aufbauen zu müssen. Dies gelang: Heico Last wurde kaufmännischer Angestellter und später gar Prokurist in der Aachener Schermesser-Fabrik Schlenter, wo er bis zur Pensionierung arbeitete.

Das war jedoch nicht seine Hauptbeschäftigung. Bereits 1952 wurde er Mitglied im BdB Aachen. Seit 1957 war er im Kreisvorstand der Europa-Union Aachen aktiv und verknüpfte die Europa-Ideen mit seiner Arbeit für Berlin. Im Rahmen der Berlin-Woche sorgte er 1958 für die Aufstellung „seines“ Berliner Bären am Europa-Kreisel in Aachen. Seit 1974 Vorsitzender des Landesverbands Nordrhein-Westfalen des BdBFB, war Heico Last von1986 bis zur Auflösung im Jahr 1998 Präsident des „Bundes“. Doch auch danach ließ sein Engagement für Berlin nicht nach, sondern er führte weitere Aktivitäten für seine Stadt im Berliner Freundeskreis Aachen fort.

Der als „Mister Berlin“ bekannt gewordene, letzte Präsident des BdBFB erhielt für sein Wirken im Interesse Berlins u.a. das Bundesverdienstkreuz, den Verdienstorden des Landes Berlin, sowie die Goldene Ehrennadel der Europa-Union.

Heico Last 1988:

„Berlin war in Not: Die Sowjets hatten Westberlin von außen abgeschnitten, um politisch Druck zu machen. Die Antwort der Alliierten: die Luftbrücke. Diese größte Luftversorgungsaktion der Geschichte wurde auch zur Initialzündung von Kreisverbänden des BdBFB im Bundesgebiet. Von dieser Stunde an wurden wir zum unbeirrbaren Wegbegleiter der damals geteilten Stadt auf fast allen für uns erreichbaren Gebieten.“
Mit Frankfurt verband Heico Last das Bestehen eines der ersten Kreisverbände des „Bundes“, des Kreisverbands (KV) Frankfurt: Der BdB/KV Frankfurt wurde am 4.12.1950 gegründet und 1954 ins Vereinsregister eingetragen. Angeregt durch BdB-Mitglied Ernst Theodor Damm wurde in Frankfurt im gleichen Jahr das Referat „Berlin-Werbung“ gegründet, worauf sich eine enge und freundschaftliche Zusammenarbeit mit Heico Last begründete. Das Referat „Berlin Werbung“ organisierte bis 1988 über 650 Berlin-Veranstaltungen: Dia-Vorträge, Filmvorführungen und Infoabende im In- und Ausland.

Auch in Frankfurt war der BdBFB sehr rege mit beliebten, unterhaltsamen und publikumswirksamen Veranstaltungen tätig: In Palmengarten, Volksbildungsheim, Zoo-Gesellschaftshaus und in anderen Lokalitäten bis hin zur Jahrhunderthalle wurde vehement und humorvoll für das im Kalten Krieg geteilte und abgeriegelte Berlin Werbung gemacht.

1958 begleitete der Bund der Berliner die Aufstellung des Berliner Meilensteins am Frankfurter Kreuz (heutiger Standort Luftbrückendenkmal, FRAPORT, seit 2015 unter Denkmalschutz).
Angeregt durch eine Notiz über den Berliner Meilenstein in Frankfurt (der zunächst nicht auffindbar war) startete ich mit der Initiative Denkmalschutz für Berliner Meilensteine 2010 die Suche nach diesen Kleindenkmalen. Bis 2020 wurden durch diese Initiative bundesweit fast 300 Standorte dieser Erinnerungssteine der Nachkriegszeit gefunden und vor der Vergessenheit bewahrt.
Der Berliner Meilenstein in Frankfurt war einer der ersten, die wieder aufgespürt und gesichert werden konnten. Rund 90 % der Standorte waren 2010 nicht bekannt. Die Erforschung der Fehlstellen wurde zur Aufgabe der Initiative Denkmalschutz für Berliner Meilensteine. Mit Heico Last, der natürlich mit dem Initiator des Referats Berlin Werbung enge praktische, aber auch freundschaftliche Beziehungen pflegte, setzte ich mich als Gründer der Initiative mit meinem Anliegen in Verbindung. Er wurde daraufhin bis 2019 begeisterter Mitstreiter und war unermüdlich bei der Suche und bei Veranstaltungen rund ums Thema Berliner Meilensteine aktiv.

Mit ihm verband mich bis zuletzt eine herzliche und humorvolle Freundschaft. Ein Höhepunkt der Zusammenarbeit mit Heico Last in Frankfurt war das Zusammentreffen der beiden Veteranen der Ära des Kalten Krieges Heico Last (BdBFB) und Gail Halvorsen („Candy Bomber“ der Luftbrücke 1948) am Berliner Meilenstein vor dem Luftbrückendenkmal FRAPORT 2016.
Nach dem historischen Vorbild vom Oktober 1958, als Willy Brandt bei der Enthüllung des Meilensteins am Frankfurter Kreuz dem Frankfurter OB Werner Bockelmann über den Stein hinweg die Hand gereicht hat, besiegelten die beiden Freunde ihr erneutes Zusammentreffen.

Der Nachruf auf Heico Last überraschte und erschütterte uns im Sommer 2019 unerwartet.

Dokument
Rede Heico Last zur JHV 1998 bezüglich Auflösung des Dachverbandes des BdBFB

Heico Last zur JHV 1998 bezüglich Auflösung des Dachverbandes des BdBFB „Liebe Bundesfreunde, wenn ich heute Bund der Berliner und Freunde Berlins sage, dann umfassen diese Worte fast 5 Jahrzehnte unablässigen Einsatzes für Berlin. Berlin, welches wieder deutsche Hauptstadt ist! Unsere Arbeit diente vor allem diesem Ziel, Berlin bis zu jenem Zeitpunkt begleiten, an dem es seine Hauptstadtfunktion mit Regierungs- und Parlamentssitz wiederaufnimmt. Mit Beginn des Umzugs nach Berlin hat unser Dachverband diese, seine selbst gestellte Aufgabe erfüllt.

Meine Damen und Herren: Wir sind am Ziel!

Vielleicht sollten wir uns auch mit Recht ein wenig stolz selbst auf die Schulter klopfen, um danach Abschied zu nehmen. Es liegt keine Veranlassung vor, diesen Abschied tränenreich zu gestalten. Im Gegenteil: Wir können sagen, dass wir eine gute Arbeit geleistet haben, wir können sagen, dass wir einen ganz erheblichen Teil zur positiven Information über diese Stadt beigetragen haben, wir können sagen, dass wir fast ein halbes Jahrhundert lang den Bürgern der Bundesrepublik Berlin präsent gehalten haben. 100-te von Straßen, welche auf unsere Anregung nach Berlin und seinen Bezirken benannt wurden, von uns veranstaltete Berlin-Tage und Berlin- Wochen, Berlin Ausstellungen unterschiedlicher Art, die Aufstellung von Meilensteinen und Bärenplastiken, die Sammlung von 6,2 Millionen Mark für das Hilfswerk Berlin, die Bereitstellung von tausenden von Freiplätzen für Berliner Ferienkinder, der ständige politische Einsatz für Berlin und vieles andere mehr, können wir mit Genugtuung als positives Ergebnis vorweisen. Ein Dachverband, der in der Öffentlichkeit über unsere unterschiedlichen Tätigkeiten mit einer Stimme sprach, war in der unruhigen Nachkriegszeit, in einem geteilten Deutschland und in einem geteilten Berlin sicher notwendig. In einem wiedervereinten Deutschland, einem wiedervereinten Berlin sind die Merkmale für einen Dachverband nicht mehr zeitgemäß. Unabhängig von der empfohlenen Auflösung steht der Einsatz der Landes- und Kreisverbände weiterhin für Berlin. In Zusammenarbeit mit der Senatskanzlei sollten Sie ihre bisherige erfolgreiche Arbeit, besonderes im kulturellen und wirtschaftlichen Bereich, für die Spree-Metropole fortsetzen. Bleiben wir also in unserer Basisarbeit, um es sportlich zu formulieren weiter ´am Ball‘!“

(Quelle:
Landesarchiv Berlin, B Rep. 232-29,
Bund der Berliner und Freunde Berlins e.V.)