Berliner Bärenfreunde e.V.

Fur Angency (Pelzagentur) NEOZOON

Am Freitag, den 11. November 2017 regnete es in Strömen. Die Besucher konnten schon vorher in den Bärenzwinger betreten, so konnten sie im Trocknen warten. Neugierig schauten sie sich um.

Schon vor der offiziellen  Eröffnung, hatte ich die Möglichkeit mit den beiden Künstlerinnen von NEOZOON ins Gespräch zu kommen. Sie waren überrascht, dass wir einige Ihrer Werke schon kannten. 

Pünktlich 19:00 Uhr wurde die Ausstellung in Anwesenheit der Künstlerinnen eröffnet. Die Begrüßung erfolgte durch die Fachbereichsleiterin Kunst und Kultur, Frau Dr. Ute Müller-Tischler. Die beiden Kuratoren Anne Hölck und Sebastian Häger stellten die Künstlerinnen vor und sprachen von dem inhaltlichen Aspekt der Ausstellung, der sich in die verschiedenen Bereiche, die sich ergänzen, teilt. Im Eingangsbereich, dem Refugium der ehemaligen Tierpfleger sind auf einem Monitor Bilder aus weltweiten Bärengehegen zu sehen. Sind sie den Bedürfnissen der Bären gerecht? Der Betrachter kann sich eine eigene Meinung zu den Gehegen machen.

In den dunklen Innengehegen der Bären liegt eine neue Spezies “Das Manteltier“ und wurde zuvor im Bärenzwinger noch nicht gesichtet. Es stammt von ausrangierten Pelzmänteln, die sonst vernichtet worden wären. Hier wird dieser Spezies neues Leben eingehaucht und man hört leise die Atemgeräusche der Manteltiere, verursacht durch eine Mechanik. Man fühlt sich, als ob die Bären wieder da wären, obwohl jedem bewusst ist, dass dem nicht so ist.

Trotz der Dunkelheit konnte man erkennen, dass die üppige Vegetation auf den Freiflächen radikal verschwunden ist. Es sieht aus, wie ein gewollter Kahlschlag. So mag es in den 90er Jahren ausgesehen haben, aber nicht im letzten Jahrzehnt.

Man kam mit Besuchern ins Gespräch und Frank Schneider, befreundet mit den Künstlerinnen fragte mich nach den Bären aus, die dort gelebt haben. Er erinnerte sich, dass er auch einmal hier war und erst später erfuhr, dass es dort Bären gibt. Ein guter Bekannter kannte die Bären, er wohnte ganz in der Nähe. Vielleicht klappt es mit einem Kontakt?

Draußen befindet sich eine weitere Installation, zwei Spiegel, die reflektieren und die Illusion herstellt man sei selbst im Bärenzwinger. Durch den Regen reflektierten die Regentropfen zusätzlich.

Die Künstlerinnen versuchen mit ihren Installationen, die Beziehung Mensch, Tier und Umwelt in Einklang zu bringen. Hier ist das Tierfell Akteur und Ausgangspunkt für Reaktionen bei den Besuchern. Es löst beim Betrachten Emotionen aus.  Fell ist der Innbegriff von Wärme und Gemütlichkeit, man möchte es berühren und sich einkuscheln.  Schon unsere Vorfahren brauchten Felle zum Überleben. Das ist heute schon lange nicht mehr nötig, es gibt andere Produkte als Ersatz. Die Tiere anzuschauen und sie, wenn möglich zu berühren, waren vielleicht auch einige Beweggründe die Berliner Stadtbären zu besuchen. Sie wurden den Blicken der Besucher ausgesetzt.

Es gibt aber den Unterschied zu Zoo und Tierpark, die Berliner Bären konnten sich jederzeit den Blicken entziehen, sollten sie sich von den Besuchern bedrängt fühlten. Die Innenräume waren immer geöffnet, wenn die Bären draußen auf der Freifläche waren. In den großen Anlagen zahlen die Besucher Eintritt und wollen die Tiere sehen, deshalb werden die Innenräume meist für die Tiere gesperrt, wenn sie sich draußen aufhalten.

Eine weitere Installation ist an den Ausgängen platziert. Lautsprecher mit O-Tönen die an den vielen Tiergehegen aufgenommen wurden?

Oh – sind die süß.

Schaut er nicht aus wie ein riesiger Teddybär?

Den möchte ich mal anfassen?

Ob sein Fell weich ist?

Der Bär ist das größte Landsäugetier.

Was für ein wunderschönes Tier.

Schau nur, wie toll er klettert

Wie geschickt er ist

Wie er mit seinen Ohren alles aufnimmt

Was für ein schönes Gehege mit viel Wasser

Wie geschickt er eine Apfelsine schälen kann

Das Gehege ist aber klein

Schau mal, dort kommt der Pfleger und füttert den Bären

Der Bär trauert

Der arme Bär, er ist alleine im Gehege

Der Bär hat schöne plüschige Ohren

Der Bär sieht aus wie mein Teddybär

So oder so ähnlich hören sich die Gespräche der Besucher an vielen Bärengehegen der weltweit an. Die Gespräche der Menschen über die Tiere fand ich besonders interessant. Man hört sie und denkt – ja, das habe ich so auch schon gehört. Manches regt zum Nachdenken an.

Die  Künstler der Gruppe NEOZOON war anfangs zu viert, jetzt nur noch zu zweit. Die beiden heutigen Künstlerinnen haben Bildende Kunst an der Kunsthochschule in Braunschweig studiert und arbeiten seit 2009 zusammen. Die „neue“ Tierart wurde in ähnlicher Form bereits 2009 entwickelt und 2010 im Münsteraner Zoo in einem Gehege ausgestellt.  Beide arbeiten seit 2008 an verschiedenen Aktionen, die die Beziehung von Mensch und Tier thematisiert.

Neozoen sind Tier- oder Pflanzenarten, die im Gefolge des Menschen Gebiete besiedeln und nicht selten die ursprüngliche Flora und Fauna stark verändern und zum Teil auch gefährden.

»Warum sehen wir Tiere an?«, fragt der britische Autor John Berger in einem 1980 entstandenen Text: »Tiere werden geboren, sie sind fühlende und sterbliche Wesen. Darin gleichen sie dem Menschen. Sie unterscheiden sich vom Menschen weniger in ihrer grundsätzlichen als in ihrer sichtbaren Anatomie, in ihren Gewohnheiten, ihrer Zeit, ihren physischen Fähigkeiten. Sie sind sowohl gleich als auch ungleich.« »Im Prinzip ist jeder Käfig ein Rahmen um das Tier im Inneren«, schreibt John Berger.

Allein die Umgebung und der Zusammenhang verursacht beim Betrachter, ob etwas als „tierisch“ oder „nicht-tierisch“ wahrgenommen wird. Bei einer Frau im Pelzmantel sehen die meisten Menschen z.B. das Tier nicht mehr.

Die Austellung geht vom 11.11.2017 – 05.01.2018

Öffnungszeiten

Montag bis Sonntag

10-18 Uhr

Eintritt frei

Es ist bedauerlich, dass das Bezirksamt es bis heute nicht geschafft hat, die historen Fakten zu korrigieren, obwohl wir schon am 1. September 2017 darauf hingewiesen haben, dass sie falsche Informationen enthalten.

1939-1945 gab es fünf Bären, Jule, Lotte, Urs, Vreni und Purzel. Bis auf Lotte (1939-1971) kamen sie am Kriegsende um. Lotte wurde halb verhungert in den Berliner Zoo gebracht und lebte dort bis sie starb. Der Bärenzwinger wurde zugeschüttet. 1947 gab es neue Bären aus Leipzig, Nante (1947-1979) und Jette (1948-1984). Taps (1981-1990) war sehr krank und wurde eingeschläfert. Schnute (1981-2015) bekam mit ihm Maxi (1986-2013). Sie blieb und als letzter Bär kam Tilo (1990-2007). Schnute starb als erste und letzte Stadtbärin am 11. Oktober 2015. Mit Schnutes Tod endet die Geschichte der Berliner Stadtbären in Berlin.

Januar 2018

Inzwischen hat das Bezirksamt Berlin Mitte,  Fachbereich Kunst und Kultur auf der Homepage und in den Pressemappen die Historie der Bären im Berliner Bärenzwinger im Köllnischen Park korrigiert.

Christa Junge